Kategorien
Reisen Über Fotografie

Stein und Licht II: Pantheon

Wie kann ich eine solche architektonische Vielheit, den tiefen räumlichen Eindruck von Macht und Stärke, die Gesamtwirkung auf den im Gebäude stehenden Betrachter auf zweidimensionalen, durch Brennweite und Standpunkt gerahmten Fotografien abbilden? Ich kann es nicht.

Unvermittelt, schlendernd durch die Straßen Roms, steht das Pantheon vor mir. Es zieht alle Blicke an sich. In ursprünglich sumpfigem Gelände errichtet (was seiner Erscheinung noch ein weiteres Gewicht gibt, bedenkt man die erforderlichen Fundamente), liegt es nicht auf einem Hügel, ragt nicht weiter über andere Gebäude empor, sobald aber der Platz betreten, dem es vorsteht, übt es eine unglaubliche Anziehungskraft aus. Seine starken äußeren Säulen reichen unglaublich hoch und leiten zu der größten vorstellbaren Bronzetür. Von innen ergeben sich mehr Blicke, als man vernünftigerweise werfen kann.

Nicht zu leugnen ist die Grundstruktur, die Kuppel mit den konisch angeordneten, parallelogrammförmigen, gestuften Einbuchtungen, die Säulen, die die Kuppel erst tragen, der helle Lichtfleck, der langsam über die Wände wandert und durch das kreisrunde, unglaublich große Loch in der Decke fällt, das das Gebäude im römischen Himmel aufhängt. Wieder kann ich nicht anders, als fotografisch dem Licht zu folgen.

Der Kreis aus Licht wandert über die Wände, Vorsprünge, Absätze, Säulen, Reliefs, Simse. Nicht nur ist dieser Kreis aus Licht die beste Beleuchtung, die ich in diesem Gebäude bekommen kann – er ist auch der Ausweg aus dem Grund-Dilemma: Wie kann ich eine solche architektonische Vielheit, den tiefen räumlichen Eindruck von Macht und Stärke, die Gesamtwirkung auf den im Gebäude stehenden Betrachter auf zweidimensionalen, durch Brennweite und Standpunkt gerahmten Fotografien abbilden? Ich kann es nicht. Und deshalb brauche ich den Kreis aus Licht, den mit ihm folge ich dem Gebäude selbst in der Betrachtung seines Steins und fotografiere, wo es sich mir zeigt.

Die Tiefe, der Raum, der in dieser Kuppel aufgespannt wird, muss verloren gehen in jeder Fotografie. Aber etwas anderes kann entstehen aus der unvermeidlichen Verflachung des Raums, im fotografischen Prozess, der die Tiefe übersetzt in:

Schichten aus Stein und Licht.

Rom, April 2024

Hinterlasse einen Kommentar